14. März 2023

Das Gegenteil von gut ist gut gemeint

Cornelia Ernst, energiepolitische Sprecherin von DIE LINKE im Europaparlament, erklärt zur heutigen Veröffentlichung des Vorschlags der Europäischen Kommission für eine Reform des Strommarktdesigns: „Der Vorschlag der Kommission ist, anders als noch vor ein paar Monaten durch Ursula von der Leyen angekündigt, keine umfassende Reform, sondern bestenfalls ein minimalinvasiver Eingriff. Er bleibt deshalb weit unterhalb der Erwartungen – und verschlechtert an vielen Stellen sogar die Ausgangslage.

Denn dass der Ausbau der Erneuerbaren fortan nur noch mittels Differenzverträgen gefördert werden und Einspeisevergütungen nicht mehr möglich sein sollen, ist nicht nachzuvollziehen: alle Instrumente, die dem Ausbau der Erneuerbaren dienen, sollten genutzt werden.

Skandalös ist darüber hinaus auch, dass der Kommissionsvorschlag Strom aus Atomkraft mit Strom aus Erneuerbaren gleichstellt und Atomkraft förderfähig wird. Atomkraft ist und bleibt eine Hochrisikotechnologie, die nicht mit öffentlichen Mitteln bezuschusst werden sollte!

Weiter lässt die Kommission wenig überraschend auch sozialpolitische Komponenten unter den Tisch fallen. Es braucht dringend ein gesetzlich verankertes Verbot von Stromsperren für arme und vulnerable Haushalte!

Schließlich muss ein verändertes Strommarktdesign in Zukunft sicherstellen, dass leistungslose Übergewinne bei Stromerzeugern wie Erneuerbaren, Atom und Kohle zuverlässig abgeschöpft beziehungsweise gänzlich verhindert werden – eine Preisexplosion wie im vergangenen Jahr darf sich nicht wiederholen!“… Weiterlesen

9. Februar 2023

Das Glas ist halbvoll

Cornelia Ernst, energiepolitische Sprecherin von DIE LINKE im Europaparlament, erklärt zur heutigen Abstimmung der Gasbinnenmarktrichtlinie im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie des EP: „Die Gasbinnenmarktrichtlinie formuliert wichtige Rahmenbedingungen für den europäischen Gasbinnenmarkt sowie den Markthochlauf des Wasserstoffmarktes in Europa. Als LINKE haben wir in den Verhandlungen die Ziele verfolgt, hohe sozial- und klimapolitische Standards zu etablieren sowie einen raschen Übergang von fossilem Gas zu erneuerbaren Energieträgern zu ermöglichen. Bei Wasserstoff heißt das, diesen insbesondere in schwer dekarbonisierbaren Industriesektoren zur Anwendung kommen zu lassen. Eine breite Nutzung von Wasserstoff in Bereichen, wo es die Alternative der Elektrifizierung gibt, ist politisch nicht sinnvoll. Das betrifft insbesondere die Wärmeversorgung und den Verkehr.

Führt man sich diese Ziele vor Augen, so muss die Beurteilung des heute abgestimmten Textes mit gemischten Gefühlen ausfallen: Einerseits beinhaltet der Text an manchen Stellen deutliche Verbesserungen gegenüber den Vorschlägen der Kommission. Energiearmut wird nun deutlich adressiert: Mitgliedsstaaten sind angehalten, Gassperren im Winter zu unterlassen und vulnerable Haushalte bei der Wärmewende zu unterstützen. Das Prinzip der Energieeffizienz wird an vielen Stellen vorausgesetzt. Ebenfalls freut mich, dass wir für die Aufnahme sozialer und klimapolitischer Standards bei Wasserstoffimporten sorgen konnten: Der Import von Wasserstoff darf in den exportierenden Drittstaaten nicht zu Wasserknappheit oder einer Renaissance fossiler Energie führen, da erneuerbare Energie ausschließlich für die Herstellung des zu exportierenden Wasserstoffs genutzt wird!

An anderen Stellen ist der vorliegende Kompromissvorschlag nicht zufriedenstellend: Dass Langzeitverträge für fossiles Gas bis 2049 möglich sein sollen, ist klimapolitisch katastrophal und gefährdet die Klimaziele. Ferner lässt der vorliegende Vorschlag die Möglichkeit der Quersubventionierung von Wasserstoffinfrastrukturen durch Gas-Verbraucher zu. Das bedeutet, dass Haushalte die Dekarbonisierung der Industrie finanzieren – eine Umverteilung von unten nach oben. Schließlich ermöglicht die Richtlinie die Nutzung von blauem Wasserstoff und sorgt damit für eine Verlängerung fossiler Geschäftsmodelle, anstatt mit Klarheit auf grünen Wasserstoff zu … Weiterlesen

11. Januar 2023

Ein klimapolitisches Fiasko

Cornelia Ernst, energiepolitische Sprecherin von DIE LINKE im Europaparlament, erklärt zur heutigen Räumung des Dorfes Lützerath: „Die Räumung von Lützerath ist ein politischer Skandal: nicht nur bedarf es der dortigen Kohle nicht, um Versorgungssicherheit herzustellen. Man erweist der Demokratie auch einen Bärendienst, wenn man den Eindruck erweckt, dass wichtige klimapolitische Entscheidungen in Hinterzimmer-Gesprächen mit RWE getroffen werden. Fehler sind da, um sie zu korrigieren: Die Räumung muss sofort abgebrochen werden, das Dorf muss bleiben! Außerdem dürfen die Aktivist:innen nicht mit Repression überzogen werden. Ihnen gilt meine Solidarität!

Das Bild der grünen ‚Klimaschutz-Partei‘ ist spätestens jetzt nicht länger aufrechtzuerhalten: als Teil einer schwarz-grünen Landesregierung lässt sie im Zweifelsfall unter Polizeigewalt ganze Dörfer abreißen, um Konzerninteressen durchzusetzen. Es braucht echten Klimaschutz, der sich auch mit den Konzernen anlegt – mit linken Mehrheiten wäre das nicht passiert!“… Weiterlesen

19. Dezember 2022

EU-Gaspreisdeckel leider viel zu hoch

Cornelia Ernst, energiepolitische Sprecherin von DIE LINKE im Europaparlament, erklärt zum Ergebnis der heutigen Tagung des Rates „Verkehr, Telekommunikation und Energie“:
„Es ist gut, dass es nun endlich einen Gaspreisdeckel gibt. Seit Monaten fordern viele Mitgliedsstaaten eine wirkungsvolle Begrenzung der explodierenden Gaspreise, während insbesondere die Ampel-Regierung eine gesamteuropäische Lösung blockiert hat. Doch die politische Bilanz der Europäischen Union bleibt trotz Einigung mangelhaft: Der Gaspreisdeckel kommt nicht nur viel zu spät, er ist auch viel zu hoch angesetzt. Die Gaspreise bleiben bei einer Deckelhöhe von 180 Euro pro Megawattstunde noch immer weit oberhalb des Vorkrisenniveaus. Die Belastungen für Millionen von Europäer:innen sind deshalb nach wie vor enorm. Anstelle von Kosmetik hätte es deshalb strukturelle Eingriffe in den Markt gebraucht.
Langfristig bedarf es einer strukturellen Neugestaltung der Energiemärkte. Zum einen muss mittelfristig das Übergreifen hoher Gaspreise auf den Strommarkt verhindert werden: das Merit-Order-Prinzip ist nicht länger haltbar. Zum anderen gehören zentrale Komponenten des Energiesektors unter öffentliche Kontrolle. Nur eine Vergesellschaftung des Energiesektors kann exzessiven Marktdynamiken nachhaltig entgegenwirken.“… Weiterlesen

13. Dezember 2022

Sie reden, aber liefern nicht

Martin Schirdewan, Ko-Vorsitzender der Linksfraktion THE LEFT im Europäischen Parlament, erklärt zur heutigen Tagung des Rates „Verkehr, Telekommunikation und Energie“:
„Der Rat schwafelt seit Monaten über mögliche Maßnahmen gegen steigende Energiepreise, während die Menschen in der EU auf Lösungen warten. Dass ausgerechnet die Bundesregierung einen wirksamen Gaspreisdeckel blockiert, ist an politischer Doppelmoral nicht zu überbieten. Zuhause versuchen sie mit der Gaspreisbremse zu glänzen, aber eine europäische Lösung wird blockiert. Das ist das Gegenteil von europäischer Solidarität. Der Rat muss sich heute einigen und einen Gaspreisdeckel verabschieden, der Europäer:innen hilft, ihre Rechnungen zu bezahlen. Scheinvorschläge, wie sie seitens der Kommission in den letzten Monaten vorgelegt wurden, helfen dabei keineswegs.“

Cornelia Ernst, energiepolitische Sprecherin von DIE LINKE im Europaparlament, ergänzt: „Auch der Kompromissvorschlag, der am Wochenende im Rahmen des EU-Rats diskutiert wurde, ändert hieran wenig: der Deckel wäre bei 220€/mWh noch immer zu hoch angesetzt. Dieser Deckel wird Europäer:innen nicht vor Energiearmut schützen. Die Europäische Union muss nun Verantwortung übernehmen und den Millionen Europäer:innen Sicherheit stiften. Ich erwarte deutliche Verbesserungen, die sich an dem Vorkrisenniveau orientieren. Anstelle von Kosmetik braucht es jetzt strukturelle Eingriffe in den Markt, um die exzessiven Preisdynamiken zu durchbrechen. Langfristig setzen wir als Linke auf die Vergesellschaftung des Energiesektors.“… Weiterlesen

24. November 2022

Ausbleibender Gaspreisdeckel ist ein Skandal

Cornelia Ernst, energiepolitische Sprecherin von DIE LINKE im Europaparlament, erklärt zum Ergebnis der heutigen außerordentlichen Tagung des Rates „Verkehr, Telekommunikation und Energie“: „Ich begrüße, dass sich die Minister:innen  auf dem heutigen Treffen darauf verständigen konnten, den Ausbau von erneuerbaren Energien zu einem überragenden europäischen Interesse zu erklären und europaweit Genehmigungsfristen herabzusetzen. Dadurch werden Hürden beseitigt, die dem Ausbau einer entsprechenden Infrastruktur bisweilen im Weg standen. Ebenso befürworte ich ein koordiniertes Vorgehen in der Beschaffung von Gas – hier ist europäische Solidarität gefragt.

Es gleicht jedoch einem Skandal, dass die Europäische Union – auch wegen der Blockadehaltung der Ampelregierung – sich noch immer nicht auf einen wirkungsvollen Gaspreisdeckel verständigen konnte. Damit bleiben Millionen von Europäer:innen in Ungewissheit und sind weiterhin exorbitant hohen Gaspreisen ausgesetzt. Der Winter ist da und es braucht jetzt Lösungen, die funktionieren. Der durch die Kommission unterbreitete Vorschlag tat dies jedenfalls nicht: er war viel zu hoch angesetzt, die Auslösekriterien zu streng. Wenn Energiekommissarin Kadri Simson sagt, dass der Vorschlag kein struktureller Eingriff in den Markt sei, so meine ich: Gerade das braucht es jetzt!“… Weiterlesen

24. Oktober 2022

Vorschlag der Linken im Europaparlament für ein neues Energiemarktmodell: 10 zentrale Forderungen

Seit über einem Jahr schießen die Energiepreise in Europa in die Höhe, doch die europäischen Institutionen sind nicht in der Lage, Haushalte und Unternehmen vor der Kostenspirale zu schützen, indem sie dringende Reformen verzögern und Entscheidungen von Monat zu Monat aufschieben. Es ist an der Zeit, mit dem Gerede aufzuhören und auf ein gerechtes Energiesystem hinzuarbeiten, das stark auf erneuerbaren Energien basiert und vorallem unter öffentlicher Kontrolle steht. Wir können kein System akzeptieren, das Arbeitnehmer und Familien im Dunkeln und in der Kälte stehen lässt, während weiterhin die Kassen der großen Energiekonzerne gefüllt werden.

Mit der Liberalisierung des Gasmarktes wurden Gaslieferverträge mit langfristigen Festpreisen nach und nach durch kurzfristige Verträge ersetzt. Diese werden auf dem sogenannten ‚Spotmarkt‘, einem internationalen Marktplatz für vertraglich ungebundene Gasmengen an den Meistbietenden verkauft. Die Liberalisierung der Gasversorgung in der EU hat zu einer größeren Preisvolatilität geführt und so einen neuen spekulativen Gasmarkt geschaffen, auf dem jeder Kubikmeter Gas, der in Europa tatsächlich geliefert wird, das Ergebnis von durchschnittlich mehr als 25 Transaktionen zwischen Käufen und Verkäufen ist.

Wir müssen endlich mit dieser Marktlogik brechen, die zu einer Preisexplosion geführt hat, und zu einem stabilen und vorhersehbaren Preis für unsere Gasversorgung zurückkehren, wie er derzeit in Asien besteht und wie er in Europa vor der Liberalisierung funktionierte.

 

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3. Oktober 2022

Wann, wenn nicht jetzt: Energiekrisenbewältigung sozial gerecht, nachhaltig und friedensfördernd!

In jedem Haushalt, auf dem Arbeitsweg, auf Wochen- und Weltmärkten sind die Folgen der Energiepreiskrise angekommen. Die Existenzsorgen derer, die schon seit Jahren jeden Cent umdrehen, als auch der Menschen, die gut verdienen, gehen nicht nur auf die Druckwellen zurück, die der russische Angriffskrieg in der Ukraine auf den Energie- und Lebensmittelmärkten weltweit auslöste. Viele KMU sind nach der Pandemie erneut mit gestörten Lieferketten und astronomischen Energiepreisen konfrontiert. Das Politikversagen der EU gegen den Klimawandel, gegen Energiearmut und Mietenexplosion begann lange vor dem 24. Februar 2022, verschärft durch die anhaltende neoliberale Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge in den Mitgliedstaaten. Dies führt zu einem Vertrauensverlust in die demokratischen Institutionen. Die Orientierung der Energiepreise an den teuersten statt an den nachhaltigsten Produzenten ist allein schon eine politische Fehlkonstruktion, die einen Teil der Energieunternehmen selbst in der jetzigen Krise reicher macht. Die EU-Kommission legte sich mit ihrem Green New Deal zu keinem Zeitpunkt wirklich ernsthaft mit Unternehmen und Politiken in den Mitgliedstaaten an, die den Klimawandel beschleunigen.

 

Angesichts der weltweiten Energiekrise und des voranschreitenden Klimawandels fordern wir jetzt einen auskömmlichen Europäischen Klimaenergiefonds, um eine angemessene und nachhaltige Krisenbewältigung und eine Dekarbonisierung der Wirtschaft auf Basis eines massiven Ausbaus der erneuerbaren Energie zu finanzieren.

 

Derzeit verschärft die Bundesregierung mit dem Festhalten am „Markt“ die sozialen Folgen der Energiepreiskrise und verspielt weiter das Vertrauen in die Politik, Ein Energiepreisdeckel für Verbraucher*innen und Unternehmen entfaltet nur nachhaltige Wirkung, wenn er sofort überschaubar umgesetzt und mit einer Vergesellschaftung der Energienetze und der Energieversorgung dauerhaft verknüpft wird.

 

Während Spanien und Portugal auch ohne EU-Vorgaben Übergewinnsteuern und Mietendeckel einführten oder staatliche Energieunternehmen in Frankreich Preisdeckel einhalten müssen, legt die Bundesregierung Entlastungspakete vor, die Kommunen und Länder zur Hälfte bezahlen werden, schweigt über Finanzhilfen für Unternehmen aus Brüssel und wartet auf europäische Maßnahmen, statt voranzugehen und einen Gaspreisdeckel … Weiterlesen

15. September 2022

Kein echter Gaspreisdeckel – der Markt bleibt heilig!

Cornelia Ernst, energiepolitische Sprecherin von DIE LINKE im Europaparlament, erklärt zu den heutigen Vorschlägen der EU-Kommission für Sofortmaßnahmen zur Bekämpfung hoher Energiepreise in der EU: „Die Kommission hat keinen echten Gaspreisdeckel vorgeschlagen. Das ist enttäuschend. Stattdessen schlägt Sie zwar eine EU-weite Umsatzobergrenze von 180 Euro die Megawattstunde für Stromerzeuger vor, diese ist aber immer noch so hoch, dass multinationale Unternehmen weiterhin extrem hohe Gewinne erzielen werden. Damit sind die hohen Energiereise und die realen Probleme der Menschen, die ihre Rechnungen schon heute nicht mehr bezahlen können, aber nicht gelöst.“

„Auch in ihrer Rede zur ‚Lage der EU‘ traf Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nur eine sehr vage Aussage zu einer ‚tiefgreifenden und umfassenden‘ Reform des Energie- und Strommarktes. Das ist mangelhaft. Denn die einzige langfristige Antwort auf diese Krise ist eine strukturelle Reform des Energie- und Strommarktes und der Aufbau eines fairen Energiemodells unter öffentlicher Kontrolle. Was wir jetzt aber als Sofortmaßnahmen brauchen ist einen EU-weiten Gaspreisdeckel auf Vorkrisenniveau und eine wirklich wirksame Übergewinnsteuer.“

 

Hintergrund:

Link zum Vorschlag der Kommission: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/ip_22_5489

 

Der Vorschlag beinhaltet: Maßnahmen zur Senkung des Verbrauchs in den Mitgliedstaaten, EU-weite „revenue cap“  von 180 Euro/MWh für Stromerzeuger und einen vorübergehenden „Solidaritätsbeitrag“, der 33 Prozent der zusätzlichen Gewinne bestimmter Energieversorger besteuert, sowie eine neue EU-Taskforce zur Ermittlung „zuverlässiger“ und „unzuverlässiger Energieversorger“ . Am 30. September wird eine weitere außerordentliche Sitzung des Rates „Energie“ den Plan der Kommission bewerten.… Weiterlesen